Newsletter
  • Ausgabe 211 

Hohes Alter, aber nicht für alle

  • Demografischer Wandel Internationale Demografiepolitik
© Berlin-Institut

Historisch beispielloser Anstieg

Noch nie konnten so viele Menschen so alt werden. Zwar gab es schon immer Einzelne, die ein sehr hohes Alter erreichten. Aber bis in die frühe Neuzeit starben viele schon im frühen Kindesalter an Infektionen oder Hunger. Das hielt den Durchschnitt auf niedrigem Niveau. Seit der Wende zum 20. Jahrhundert ist die Lebenserwartung im weltweiten Mittel von geschätzt etwa 30 Jahren auf rund 71 Jahre angestiegen. In Deutschland kann ein neugeborener Junge heute mit einer durchschnittlichen Lebenszeit von 78,2 Jahren rechnen, ein Mädchen sogar mit 83,1 Jahren. Den Weltrekord halten derzeit japanische Mädchen mit einer Lebenserwartung von fast 87 Jahren.

Große Unterschiede

Es gibt jedoch beträchtliche Abweichungen, die das Berlin-Institut in der neuen Studie „Hohes Alter, aber nicht für alle“ zusammengetragen hat. So klafft einer kleinräumigen Auswertung aus dem Jahr 2012 zufolge zwischen der ehemaligen Schuhmachermetropole Pirmasens in Rheinland-Pfalz und dem wohlsituierten bayerischen Landkreis Starnberg eine Lücke von rund acht Jahren bei der männlichen Lebenserwartung. Besonders krass fällt die Kluft in den Vereinigten Staaten von Amerika aus: Zwischen dem Bezirk (County) mit der höchsten und jenem mit der niedrigsten Lebenserwartung liegen rund 20 Jahre. Zumindest in den USA deutet nichts darauf hin, dass sich die soziale Ungleichheit und damit auch die Unterschiede bei der Sterblichkeit in nächster Zukunft verringern. Das könnte den weiteren Anstieg der mittleren Lebenserwartung bremsen.
 

Gebildete leben länger

Für gesundheitliche Ungleichheit und damit das Risiko, vorzeitig zu sterben, sind zwei Faktoren entscheidend: der Sozialstatus, definiert durch Erwerbs-, Familien- und Wohnsituation, und das Bildungsniveau. Menschen, die über einen Sekundarschul- oder höheren Abschluss verfügen, in guter beruflicher Position arbeiten und sich auf ein Netzwerk von Freunden und Angehörigen verlassen können, werden im Allgemeinen weniger krank und leben länger als solche mit geringer Bildung und niedrigem sozioökonomischem Status. Großbritannien liefert ein Beispiel für diesen Zusammenhang: Wie überall haben auch dort Frauen im Mittel eine höhere Lebenserwartung als Männer. Wie eine statistische Analyse nach Berufsgruppen ergab, haben jedoch britische Männer, die etwa als Ärzte, Architekten oder Anwälte arbeiten, seit den 1980er Jahren aufgeholt und haben 2011 die mittlere weibliche Lebenserwartung erreicht.

Bildung trägt maßgeblich dazu bei, dass Risikofaktoren für die Gesundheit wie Bewegungsmangel, Übergewicht und Rauchen in Gruppen mit höherem Sozialstatus seltener vorkommen als in solchen mit niedrigem Status. Das lässt sich am Beispiel der Rauchgewohnheiten in Deutschland zeigen. Bis in die 1960er Jahre galt das Paffen von Zigaretten und Zigarren vor allem in den sogenannten „besseren Kreisen“ als schick. Dann konnten Wissenschaftler den Zusammenhang mit Lungenkrebs, Arterienverkalkung und Herzerkrankungen belegen. Seither ist der Tabakkonsum in der obersten sozialen Gruppe deutlich zurückgegangen, während er in der untersten eher zunahm. Rauchen ist heute überwiegend ein Merkmal von wenig Gebildeten und gering Verdienenden. „Gesellschaft und Politik müssen aktiv werden, um diese Ungleichheiten zu verringern“, lautet eine der Schlussfolgerungen in der Studie des Berlin-Instituts.

Links & Downloads

In allen Regionen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) steigt die Lebenserwartung, in Afrika und Südostasien sogar stärker als in den mehrheitlich von Industrienationen dominierten Teilen der Welt – allerdings von niedrigem Niveau aus. © Berlin-Institut
Verengungen der Herzkranzgefäße, die bis zum Herzinfarkt führen können, und Schlaganfälle fordern global die meisten Todesopfer. Vermeidbare Risikofaktoren wie Rauchen, Übergewicht, Bluthochdruck und Diabetes spielen dabei eine wichtige Rolle. © Berlin-Institut

ANSPRECHPARTNER:INNEN

Berlin - Institut

allgemeine Anfragen

Telefon: 030 - 22 32 48 45

E-Mail schreiben: info@berlin-institut.org

Logo Berlin-Institut

© Berlin-Institut

nach oben