Sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte

Sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte (SRGR) sind zentral für die Selbstbestimmung eines jeden Menschen. Sie umfassen zum Beispiel die Entscheidungsfreiheit darüber, ob und wenn ja, wann und wie viele Kinder man bekommen möchte. Doch vor allem Fragen der sexuellen und reproduktiven Rechte, z.B. das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche oder auf geschlechtsangleichende Maßnahmen, sind gesellschaftlich stark umkämpft. In Deutschland hat zuletzt die Debatte um eine Entkriminalisierung von Abtreibungen erneut zu hitzigen Auseinandersetzungen geführt. Anlässlich der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 werfen wir einen Blick auf die Positionen, die verschiedene Parteien beim Thema sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte vertreten.

SPD

Die SPD setzt sich dafür ein, Schwangerschaftsabbrüche außerhalb des Strafgesetzes zu regeln und diese zum Teil der medizinischen Grundversorgung zu machen. Die Partei ist außerdem Unterstützerin eines gestaffelten Mutterschutzes auch im Falle einer Fehlgeburt. In ihrem Wahlprogramm kündigt sie an, die Versorgung bei Belangen wie Endometriose, Geburt oder Verhütungsmitteln zu verbessern. Sie bekräftigt außerdem, dass das Selbstbestimmungsgesetz, das es Menschen seit November 2024 erleichtert, den Geschlechtseintrag im Personalausweis anzupassen, bestehen bleiben soll.

CDU/CSU

CDU und CSU lehnen eine Lockerung der aktuellen Rechtslage zu Schwangerschaftsabbrüchen ab und betonen den Schutz des ungeborenen Lebens. Die beiden Parteien erkennen an, dass bei der Gesundheitsversorgung mitunter große geschlechtsspezifische Unterschiede bestehen und befürworten in ihrem Wahlprogramm ein „differenziertes und geschlechtergerechtes Vorgehen in Forschung und Versorgung“ (S.68, 4). In Bezug auf die sexuelle Selbstbestimmung lehnen die Parteien operative Eingriffe vor der Volljährigkeit ab und fordern auch bei Erwachsenen eine vorherige ausführliche Zweitberatung vor geschlechtsangleichenden Maßnahmen. Auch das Selbstbestimmungsgesetz wollen sie wieder abschaffen.

Bündnis 90/Die Grünen

Die Grünen fordern entsprechend der Empfehlungen der Fachkommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin eine Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen außerhalb des Strafgesetzes. In der frühen Phase der Schwangerschaft sollen sie uneingeschränkt legal sein, für die mittlere Phase soll ein gesetzlicher Rahmen geschaffen werden. Die Grünen setzen sich außerdem für ein größeres Angebot bei den Methoden des Schwangerschaftsabbruchs ein und dafür, Abtreibungen über die Krankenkassen zu finanzieren. Die Partei fordert auch, ärztlich verschriebene Verhütungsmittel von den Krankenkassen übernehmen zu lassen. Für trans* Menschen möchten sie, dass Kosten für medizinische Transitionsmaßnahmen übernommen werden und Beratungsangebote ausgebaut werden. Darüber hinaus setzen sie sich für einen diskriminierungsfreien Zugang zu reproduktionsmedizinischen Leistungen für alle ein.

FDP

Die FDP befürwortet ebenfalls die Einführung eines Mutterschutzes bei Fehlgeburten. In ihrem Wahlprogramm strebt sie an, über eine Neuregelung von Abtreibungen im nächsten Bundestag zu beraten. Sie spricht sich für eine Kostenübernahme von Schwangerschaftsabbrüchen aus. Sie strebt darüber hinaus ein moderndes Fortpflanzungsmedizingesetz an, das u.a. eine Eizellspende legalisiert und Kinderwunschbehandlungen finanziell besser fördert. Die FDP setzt sich für ein modernes Familienrecht ein, das Verantwortungsgemeinschaften gesetzlich verankert und auch queeren Paaren eine Empfängnis erleichtert.

AfD

Die AfD lehnt den straffreien Abbruch von Schwangerschaften aus sozialen Gründen und eine „Werbung“ von Ärzt:innen für Schwangerschaftsabbrüche ab. Sie fordert u.a., dass während der Schwangerschaftskonfliktberatung Ultraschallaufnahmen gezeigt werden und das Beratungsangebot zum Ziel haben solle, die Frau zu überzeugen, die Schwangerschaft fortzusetzen. In ihrem Wahlprogramm beklagt sie, dass vor allem Familien in der mittleren Einkommensschicht eine niedrige Geburtenrate haben. Die AfD lehnt die Anerkennung von mehr als zwei Geschlechtern und auch das Selbstbestimmungsgesetz ab. Sie betrachtet es zudem als eine Form der „Indoktrinierung“, mit Kindern über Geschlechtergerechtigkeit und Transsexualität/unterschiedliche Geschlechteridentitäten zu sprechen und möchte dies unterbinden.

Die Linke

Die Linke setzt sich für eine generelle Streichung des Paragrafen 218 Strafgesetzbuch ein und fordert, dass Schwangerschaftsabbrüche Teil der medizinischen Grundversorgung werden. Außerdem befürwortet sie einen verbesserten Zugang zu und Finanzierung von Kinderwunschbehandlungen auch für unverheiratete und queere Paare. Die Linke betrachtet das Selbstbestimmungsgesetz als verbesserungswürdig und in Teilen rassistisch und fordert beispielsweise, dass Geflüchtete unabhängig von ihrem Aufenthaltstitel berücksichtigt werden sollten.

BSW

Das BSW positioniert sich in seinem Wahlprogramm unter dem Titel „Frauenrechte statt Gender-Ideologie“ zu verschiedenen Aspekten der SRGR. Die Partei befürwortet straffreie Schwangerschaftsabbrüche bis zur 12. Woche und eine Kostenübernahme von Verhütungsmitteln durch die Krankenkasse. Was die sexuelle Selbstbestimmung angeht, hält das BSW an der Binarität der Geschlechter fest und lehnt das Selbstbestimmungsgesetz ab.

Ansprechpartnerin

Nele Disselkamp

Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Telefon: 030 - 31 01 73 24

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