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  • Ausgabe 226 

Sachsen - das Mekka der Hochqualifizierten

  • Lebensverhältnisse in Stadt und Land Demografischer Wandel

In den zwei Jahrzehnten, die dem Fall der Mauer folgten, verloren die neuen Bundesländer durch Abwanderung massiv an Einwohnern. Es waren vor allem junge Leute, die zur Ausbildung und den Berufseinstieg ihre Heimatregionen verließen und ihre Chance in den westlichen Bundesländern oder im Ausland suchten. In Sachsen war der Wanderungssaldo zwischen Ost und West erstmalig im Jahr 2013 wieder ausgeglichen. Die Zuzüge aus dem Ausland hinzugerechnet, gewinnt Sachsen bereits seit 2011 wieder mehr Einwohner als es durch Abwanderung verliert.


Ausbildung und Studium überzeugen

Während inzwischen alle neuen Bundesländer ausgeglichene Wanderungssalden haben, lockt Sachsen besonders junge Menschen an. Nur die Stadtstaaten Hamburg, Berlin und Bremen gewannen 2014 mehr Bildungswanderer zwischen 18 und 24 Jahren hinzu. Damit ist der Freistaat vor Bayern und Hessen das Flächenland mit den höchsten Wanderungsgewinnen in dieser Altersgruppe. Die Bildungswanderer sind die mobilste aller Altersgruppen. Vor allem Hochschulen sind für junge Menschen ein Anziehungsmagnet.


Studienanfänger in Sachsen machen in ihrem jeweiligen Jahrgang einen Anteil von 69 Prozent aus, was deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 58 Prozent liegt. Von jenen jungen Menschen, die in Sachsen eine Hochschulberechtigung erworben haben, nehmen allerdings nur 39 Prozent ein Studium in Deutschland auf. Der hohe Anteil von Studienanfängern in Sachsen weist somit auf die hohe Beliebtheit sächsischer Hochschulen bei Abiturienten außerhalb des Freistaats hin.

Daneben steigt der Anteil ausländischer Studierender in Sachsen kontinuierlich an. 2016 waren 15 Prozent Ausländer, von denen wiederum 40 Prozent in den Ingenieurswissenschaften eingeschrieben waren. Die mathematischen, ingenieur- und naturwissenschaftlichen Studiengänge stehen allgemein in Sachsen hoch im Kurs. 42 Prozent aller bestandenen Abschlussprüfungen entfallen auf diese Fächergruppen. Damit steht Sachsen nicht nur deutschlandweit, sondern auch international an der Spitze der Technik- und Ingenieursausbildung. Die Entscheidung für eine Ausbildung an einer sächsischen Hochschule treffen die Studierenden nicht nur wegen der Qualität und des guten Rufs der Hochschulen, sondern auch wegen der niedrigen Lebenshaltungskosten.

Vom Zuzug profitieren mehrheitlich die großen sächsischen Städte Leipzig und Dresden sowie einzelne kleinere Hochschulstädte wie Freiberg und Mittweida. Leipzig erzielte allein im Jahr 2014 ein Wanderungsplus von 116 Personen je 1.000 Einwohner zwischen 18 und 24 Jahren, in Dresden waren es 95 je 1.000 Einwohner der Altersgruppe. Die sächsischen Landkreise dagegen verlieren in der Summe junge Menschen.

Auch als Arbeitsort attraktiv

Für eine gute wirtschaftliche Entwicklung besteht die Herausforderung darin, die an den Hochschulen ausgebildeten Absolventen auch auf dem sächsischen Arbeitsmarkt zu halten. Ob das gelingt, zeigt ein Blick auf die sogenannten Berufswanderer zwischen 25 und 29 Jahren, die auf der Suche nach ihrer ersten Anstellung sind. Auch für diese Zielgruppe ist Sachsen attraktiv. Kontinuierlich hat sich seit 2007 der negative Wanderungssaldo verringert und seit 2014 wandern mehr junge Berufseinsteiger in den Freistaat, als ihn verlassen. Verlor Sachsen im Jahr 2010 noch acht Berufseinsteiger je 1.000 Einwohner, so ist der Saldo inzwischen ausgeglichen.

2008/2009 und 2013/2014 fanden zwei Absolventenbefragungen an sächsischen Hochschulen statt, in denen die Frage gestellt wurde, ob sich die jungen Menschen einen Berufseinstieg in Sachsen überhaupt vorstellen können. Demnach sank der Anteil jener, die keine Bewerbung in Sachsen in Betracht zogen, von 36 auf 25 Prozent. Während über zwei Drittel der befragten Absolventen mit sächsischer Hochschulzugangsberechtigung auch in Sachsen in den Beruf starteten, waren es aus den anderen Bundesländern und dem Ausland 38 Prozent. Von den Absolventen der Richtungen Mathematik und Naturwissenschaften nahmen zwei Drittel einen Job in Sachsen auf. Über ein Fünftel der fertigen Ingenieursstudenten verließ den Freistaat in Richtung südliche Bundesländer, während Mediziner und sonstige Absolventen bevorzugt die neuen Länder inklusive Berlin als Start in das Berufsleben wählten.

Fast jeder neunte Absolvent in Sachsen ist inzwischen Ausländer. Der Ausländeranteil an der Bevölkerung ist mit 3,9 Prozent hingegen sehr gering. Dies spiegelt sich auch bei Beschäftigtenanteilen in vielen Bereichen wider. Unter den Beschäftigten im öffentlichen Dienst betrug der Ausländeranteil 0,2 Prozent, während der steigende Bedarf an Medizinern ohne Zuwanderer aus Tschechien, Polen und auch aus Syrien nicht aufrechtzuerhalten wäre. Die von kleinen und mittelständischen Unternehmen geprägte Wirtschaft zeigt eine wachsende Bereitschaft, ausländische Mitarbeiter einzustellen. Für ausländische Forscher können die wissenschaftlichen Einrichtungen, welche auch überregional bekannt sind, gute Arbeitsbedingungen bieten.

Der Anteil der Akademiker unter den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten lag 2014 in Sachsen bei 16 Prozent und war nur in den Bundesstaaten Hamburg, Berlin und Hessen höher. Dies zeigt, dass auch die entsprechenden Arbeitsplätze im Freistaat zur Verfügung stehen. Vor allem in der Industrie und im Sektor Erziehung, Bildung, Gesundheit und der öffentlichen Verwaltung sind Hochqualifizierte gefragt.

Gerade Hochqualifizierte kehren in die Heimat zurück

Sachsen punktet aber nicht nur bei den Absolventen der sächsischen Hochschulen: Fast jede fünfte Erwerbsperson, die zwischen 1999 und 2012 Sachsen verlassen hat, ist bis 2014 zurückgekehrt. Dies entspricht der durchschnittlichen bundesdeutschen Rückkehrerquote. Doch anders als in den meisten deutschen Kreisen waren in fast alle sächsischen Kreisen unter den Rückkehrern mehr Akademiker als Personen ohne beruflichen Abschluss. Bei vielen Berufswanderern, die zuvor einmal in Sachsen gewohnt haben und dann zurückkehren, stehen aber nicht die beruflichen Aufstiegs- und Veränderungschancen im Vordergrund. Ausschlaggebend ist die Nähe zur Familie und zu Freunden. Gute Arbeitsmöglichkeiten unterstützen den Rückzugswunsch.


Attraktivität in Gefahr?

Der Freistaat hat durch seine Hochschulstandorte, die viele junge Menschen anziehen, einen Vorteil im Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte. Gerade die Hochschulausbildung im Bereich Technik und Naturwissenschaften kann den Standort Sachsen für weitere Ansiedlungen entsprechender Branchen interessant machen. Aufgrund der guten Wirtschaftslage und attraktiver Arbeitsbedingungen gibt es obendrein ein großes Potenzial, Hochschulabsolventen aus anderen Bundesländern oder dem Ausland anzulocken und nach dem Studium zu halten. Doch die Jobperspektive zählt nicht allein. Die Lebensbedingungen und die persönliche Bindung an den Ort spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Damit der bislang international gute Ruf der sächsischen Wissenschaftslandschaft bestehen bleibt, müssen sich auch ausländische Hochqualifizierte weiterhin im Freistaat willkommen fühlen. Die derzeitigen politischen Stimmungen sind dahingehend weder für die Wirtschaft noch für die Wissenschaft förderlich.
 

Quellen
Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung (2016). Im Osten auf Wanderschaft. Wie die Umzüge die demografische Landkarte zwischen Rügen und Erzgebirge verändern. Berlin.
Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (2016). Indikatoren und Karten zur Raum- und Stadtentwicklung. INKAR. Bonn.
Fuchs et al. (2017). Rückwanderung von Erwerbspersonen – aktuelle Deutschlandzahlen im regionalen Vergleich.
IHK Dresden, Handwerkskammer Dresden (2015). Fachkräftesituation der sächsischen Wirtschaft. Monitoring 2015. Dresden.
Der Sächsische Ausländerbeauftragte (2017). Jahresbericht 2016.
Statistisches Bundesamt (2016). Hochschulen auf einen Blick.
Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen (2017). 2. Sächsische Wanderungsanalyse.
Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen (2017). Zu- und Fortzüge.
Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen (2018). Statistisch betrachtet. Hochschulindikatoren und Berufsakademie in Sachsen - Ausgabe 2018.
Technische Universität Dresden, Sächsisches Kompetenzzentrum für Bildungs- und Hochschulforschung (2015). Zweite Sächsische Absolventenstudie.

 

Sachsen konnte im Jahr 2015 gegenüber dem restlichen Bundesgebiet insgesamt 3497 Studienanfänger gewinnen. Zusätzlich nahmen dort 7510 junge Menschen ein Studium auf, die ihre Hochschulberechtigung in Sachsen erworben hatten.
Die neuen Bundesländer registrieren seit 2011 eine Abmilderung des negativen Wanderungssaldos bei Berufswanderern. Mittlerweile kann Sachsen mehr Berufseinsteiger anlocken als es durch Wegzug verliert.
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