Demografische Dividende
Das Konzept der „demografischen Dividende“ hat mittlerweile Einzug in viele entwicklungspolitische Strategien gehalten. Sie stellt Staaten, die am Anfang des demografischen Übergangs stehen, einen demografiebedingten Entwicklungsschub in Aussicht, wie ihn etwa die asiatischen Tigerstaaten erlebten. Was aber braucht es, damit Länder des globalen Südens die dafür notwendige Altersstruktur erreichen? Und unter welchen Bedingungen kann diese zum Motor für einen wirtschaftlichen Aufschwung werden?
Wandel der Altersstruktur als Voraussetzung
Die günstige Altersstruktur für eine demografische Dividende entsteht im Zuge des sogenannten demografischen Übergangs, den jedes Land im Zuge seiner sozioökonomischen Entwicklung durchläuft. Dieser beschreibt den Wandel von Gesellschaften mit hohen Sterbe- und Geburtenraten hin zu solchen, in denen beide ein niedriges Niveau erreichen. Aufgrund einer besseren Ernährung und Hygiene sinkt dabei zunächst die Sterberate, während die Geburtenraten vorläufig hoch bleiben. Vorübergehend kommt es so zu einem starken Bevölkerungswachstum. Erst wenn sich die Einsicht durchsetzt, dass mehr Kinder überleben, wenn Bildungs- und Wohlstandsniveau steigen, die Gleichberechtigung vorankommt und eine individuellere Lebensplanung möglich wird, sinken zeitverzögert auch die Geburtenraten.
Mit sinkenden Kinderzahlen zum Bonus
Im Zuge dieses Prozesses verlangsamt sich nicht nur das Bevölkerungswachstum, auch die Altersstruktur einer Gesellschaft beginnt sich zu wandeln: Wenn die Kinderzahlen sinken, verschiebt sich der Schwerpunkt der Bevölkerung von den jungen Jahrgängen hin zu den Erwerbsfähigen. Dadurch stehen der Wirtschaft überproportional viele Menschen zur Verfügung, die arbeiten und produktiv sein können, während es gleichzeitig weniger Kinder und noch wenige ältere Menschen zu versorgen gibt. Sobald auf jede abhängige Person mindestens 1,7 Erwerbsfähige im Alter zwischen 15 und 64 Jahren kommen, erreichen Staaten die günstige Altersstruktur des „demografischen Bonus“. Dieser lässt sich unter den richtigen Rahmenbedingungen in einen Entwicklungsschub umwandeln – in eine demografische Dividende.
Kein Selbstläufer
So vielversprechend das Konzept klingt, es ist keinesfalls sicher, dass Staaten tatsächlich eine demografische Dividende einfahren können. Denn dazu müssen eine ganze Reihe an Voraussetzungen geschaffen werden: Damit die Geburtenziffern sinken und der Wandel der Altersstruktur einsetzt, müssen sich die Lebensbedingungen der Menschen in vielen Bereichen verbessern. Um diesen demografischen Bonus dann in eine Dividende verwandeln zu können, brauchen die Erwerbsfähigen zudem eine möglichst gute Bildung und vor allem einen Arbeitsplatz. Sonst kann ein hoher Anteil an jungen Erwerbsfähigen ohne Perspektive zu sozialen Spannungen und Konflikten führen. Statt einer Dividende, droht ein „demografisches Desaster“.
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