Lebensverhältnisse in Stadt und Land
Städte und Peripherie sind auf unterschiedlichen demografischen Pfaden unterwegs. Viele Dörfer und Kleinstädte erleben einen beschleunigten demografischen Wandel. Die Bevölkerung schrumpft und altert schneller. Denn vor allem junge Menschen zieht es in die großen Ballungsräume mit ihren Universitäten und vielfältigen Arbeitsmarktchancen. Und sie kehren später mit einem Abschluss in der Tasche häufig nicht in ihre Heimatregionen zurück. Denn neue Jobs in wissensintensiven Gesellschaften entstehen überwiegend dort, wo es eine kritische Masse an kreativen Unternehmen, Forschungszentren und klugen Köpfen gibt. Deshalb wachsen – im Übrigen weltweit – die Metropolen, während entlegenere Landesteile Bewohner:innen verlieren.
Drohende Abwärtsspirale
Wenn gerade junge Menschen die strukturschwachen Regionen verlassen, verlieren diese ihr künftiges demografisches und wirtschaftliches Potenzial. Strukturschwache und ländliche Regionen drohen daher in eine Abwärtsspirale aus geringer wirtschaftlicher Dynamik, Einwohnerrückgang und schwindender Versorgung zu geraten, weil sich Infrastrukturen wie Nahverkehr, Einkaufsmöglichkeiten oder medizinische Dienste kaum noch auf klassische Art und Weise organisieren und finanzieren lassen. Oft ist in diesem Zusammenhang auch von „abgehängten“ Regionen die Rede.
Neue Ideen für moderne Dörfer
Um die Versorgung aufrecht zu erhalten und nicht in eine Abwärtsspirale zu geraten, sind neue, bedarfsorientierte Lösungen notwendig. Beispiele dafür gibt es zuhauf: In ländlichen, demografisch schrumpfenden Regionen gehen Bürgermeister, Behörden, Kassenärzte, engagierte Bürgerinnen und Bürger, Vereine und andere zivilgesellschaftliche Organisationen neue Wege, um die Bedürfnisse der Bevölkerung zu befriedigen. Seit Kurzem erprobt auch eine kreative urbane Szene mit innovativen Wohn- und Arbeitsprojekten, wie sich neue Formen digitaler Arbeit mit dem Landleben verbinden lassen. Dies birgt eine große Chance für kleine Kommunen: Denn die Stadt-Land-Wandernden bringen nicht nur Einwohner:innen, Steuer- und Gebührenzahler:innen aufs Land, sondern auch neue Ideen: Sie gründen ländliche Coworking Spaces, suchen nach Möglichkeiten, wie man auch ohne Auto auf dem Dorf mobil bleiben kann, denken über Hofläden zur Verbesserung der Nahversorgung nach, eröffnen Galerien und organisieren Festivals. Vor allem aber schaffen sie digitale Inseln, die einen Weg zum Dorf der Zukunft weisen und dabei zu demografischen Speckwürfeln in der Peripherie werden können.
Engagement macht den Unterschied
Wie lebendig ein Landstrich ist, hängt auch vom Engagement seiner Bewohnerinnen und Bürger ab. Immer öfter übernehmen sie Aufgaben der Daseinsvorsorge, von genossenschaftlich betriebenen Dorfläden und Schwimmbädern über Bürgerbusse bis hin zur organisierten Nachbarschaftshilfe für ältere Menschen. Ihr Einsatz lässt ihre Orte in eine günstigere demografische Zukunft blicken. Denn das Gefühl der Selbstwirksamkeit stärkt das lokale Selbstbewusstsein und bindet die Menschen an die Region. Doch der demografische Wandel verändert auch das Ehrenamt. Dort, wo die Einwohner:innen weniger und älter werden, nimmt auch die Zahl derjenigen ab, die sich einbringen wollen und können. Umso wichtiger wird es, dass die Politik von Kommunal- bis Bundesebene für die tatkräftigen Menschen die richtigen Rahmenbedingungen schafft – angefangen von den nötigen rechtlichen Freiräumen bis hin zur niedrigschwelligen finanziellen Förderung. Denn häufig behindern jedoch starre Auflagen, Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften den Tatendrang vor Ort.
Ansprechpartner:innen
Dr. Frederick Sixtus
Projektkoordinator Demografie Deutschland
Telefon: 030 - 31 10 26 98
E-Mail: sixtus@berlin-institut.org
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Eva Eichenauer
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Telefon: 030 - 31 01 68 35
E-Mail: eichenauer@berlin-institut.org
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