Zuwanderung und Arbeitsmarkt

Durch die demografische Entwicklung wächst in den früher entwickelten Staaten, deren Bevölkerungen bereits gealtert sind, der Bedarf nach Zuwanderung, um die Alterung abzufedern und die Sozialsysteme zu sichern. Gleichzeitig steigt das globale Migrationspotenzial und tatsächliche Wanderungen nehmen insbesondere in den weniger entwickelten Weltregionen zu. Dieser Trend dürfte mittelfristig anhalten, denn mit fortschreitender Entwicklung erhalten mehr Menschen die Möglichkeit, zu migrieren.

Herausforderungen für Gesellschaft und Politik

Gesellschaft und Politik müssen entscheiden, wie sie Einwanderung steuern wollen. Es geht dabei um die Fragen, wie viele Zuwandernde mit welchen Qualifikationen kommen sollen, welche Hilfsangebote sie bei der Integration in Arbeitsmarkt und Gesellschaft benötigen, wie ihre Familienmitglieder zu unterstützen sind und welche Mittel die Institutionen von der EU bis zur Kommune dafür bereitstellen. Der ökonomischen Notwendigkeit von Zuwanderung stehen oft Vorbehalte in der Bevölkerung gegenüber. Aufgabe der Politik ist es auch, mit Bürger:innen über den Sinn und Zweck von Migration zu diskutieren. Das beinhaltet, aufzuzeigen, welche Konsequenzen es hat, wenn Staaten die Zuwanderung auf ein Minimum reduzieren. Dazu braucht es ein klares Bild des Migrationsgeschehens sowie der weltweiten Migrationspotenziale für die EU und Deutschland.

Gutes Leben gesucht

Ob Menschen sich dazu entschließen zu migrieren, hängt von vielen Faktoren ab. Zu den wichtigsten Einflussgrößen zählen wirtschaftliche, demografische und politische Faktoren, Bildung sowie bestehende Netzwerke und die Migrationspolitik der Staaten. Im Zentrum steht der Wunsch, das eigene Leben zu verändern, die Suche nach Freiheit, Sicherheit oder einem besseren Einkommen. Manche wandern aus purer Not oder fliehen vor Kriegen, andere weil sie sich anderenorts eine höhere Lebensqualität versprechen. Die Wanderungsmotive lassen sich selten eindeutig bestimmen. Gemischte Wanderungen nehmen zu. Die Mehrheit der internationalen Migrant:innen wandert aus Erwerbsgründen. Zumeist suchen sie innerhalb ihres Landes oder der Region nach Jobs. Die Arbeitsplatzsuche in Deutschland vor der Migration ist oft kompliziert. Auch deutsche Unternehmen, die Arbeitskräfte brauchen, beklagen große Hürden: Die Rechtslage ist komplex, der Aufwand groß und vielen Bewerber:innen fehlen Qualifikationen. Das 2020 in Kraft getretene Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll deshalb den Zuzug von Fachkräften aus Drittstaaten vereinfachen und steigern.

Bildung und Arbeit

Trotz Hürden gehört Deutschland zu den wichtigsten Zielländern internationaler Migrant:innen. Die Arbeit hilft dabei, das eigene Leben selbstständig zu bestreiten und Kontakte zu knüpfen. Unternehmen können neue Arbeitskräfte schon bei der Vorbereitung des Umzugs unterstützen, etwa durch Sprachtraining oder Hilfe beim Anerkennungsverfahren. Ebenso wichtig ist es, dass schon frühkindliche Bildungsangebote gezielt Kinder aus bildungsfernen, sozioökonomisch schlechter gestellten und zugewanderten Familien fördern. Auch wenn Bildung nicht alle Integrationshürden abbauen kann: Ohne Bildung ist eine gleichwertige gesellschaftliche Teilhabe kaum möglich.

Die Arbeit ruft

Eine gute Arbeit zu einem auskömmlichen Lohn zählt zu den wichtigen Gründen, aus denen Menschen in ein anderes Land ziehen. Die Bedeutung der Erwerbsmigration wächst in Deutschland. 2022 zogen rund 73.000 Menschen aus Staaten außerhalb der Europäischen Union zu, um einen Job anzutreten. Tendenziell steigt die Zahl der Erwerbswandernden aus Drittstaaten seit 2013. Knapp ein Drittel von ihnen nutzte zuletzt die Blaue Karte EU, um in Deutschland zu arbeiten. Sie steht in erster Linie hochqualifizierten Arbeitskräften mit Hochschulabschluss offen. Sonstige Formen der Beschäftigung umfassen etwa Personen, die nach der Westbalkan-Regelung oder anderen zwischenstaatlichen Vereinbarungen zugezogen sind.

Ein stetiges Auf und Ab

Zuwanderung prägt die deutsche Gesellschaft. Seit Bestehen der Bundesrepublik gab es immer wieder Phasen, in denen viele Menschen zuwanderten. Die Gründe dafür waren und sind vielfältig. Sie reichen von staatlichen Anwerbekampagnen für sogenannte Gastarbeiter:innen in den 1960er Jahren über die rechtlichen Voraussetzungen für die Zuwanderung von Spätaussiedler:innen bis hin zu Krieg und Vertreibung, wie vor allem die Zahl der Asylerstanträge zeigt. Eine Ausnahme stellt die Fluchtzuwanderung aus der Ukraine ab 2022 dar, da ukrainische Geflüchtete ohne Asylantrag nach Deutschland kommen durften.

Ansprechpartner:innen

Dr. Frederick Sixtus

Projektkoordinator Demografie Deutschland

Telefon: 030 - 31 10 26 98

E-Mail: sixtus@berlin-institut.org

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Adrián Carrasco Heiermann

Wissenschaftlicher Mitarbeiter

Telefon: 030 - 22 32 48 45

E-Mail: carrasco.heiermann@berlin-institut.org

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