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  • Zum Weltbevölkerungstag 

Ohne Geschlechtergerechtigkeit keine nachhaltige Entwicklung

  • Demografische Dividende Bevölkerungsentwicklung in Afrika Demografischer Wandel

Afrika ist nach wie vor der Kontinent mit dem größten Bevölkerungswachstum weltweit. Zum Weltbevölkerungstag werfen wir einen Blick auf die Bereiche, die hier den demografischen Wandel maßgeblich beeinflussen. Geschlechtergerechtigkeit spielt eine entscheidende Rolle, um eine nachhaltige und gerechte Entwicklung zu ermöglichen. Das zeigt auch unser neu veröffentlichter Bericht zu den Erkenntnissen und Empfehlungen aus der politischen Dialogreihe #The4DSeries zu demografischer Diversität und Dividenden.  

Zurzeit leben ca. 1,4 Milliarden Menschen in Afrika, 2050 sollen es laut Projektionen der Vereinten Nationen mit 2,5 Milliarden fast doppelt so viele sein. In vielen Staaten fällt es Regierungen schon heute schwer, die Grundversorgung für die wachsende Zahl an Menschen aufrechtzuerhalten. Die Bevölkerung wächst aber nicht überall so schnell. Der gesamte Kontinent verzeichnet seit Jahrzehnten Rückgänge der Kinderzahlen. Während in Ländern wie Kamerun, Mauretanien oder Sambia im Durchschnitt noch knapp über vier Kinder pro Frau geboren werden, liegt die Geburtenrate in Tunesien oder Südafrika bei ungefähr zwei Kindern pro Frau. Gleichberechtigung von Mädchen und Frauen ist ein zentrales Schlüsselement, um nachhaltige Entwicklung zu ermöglichen und die Geburtenraten zu senken, wie aus unserem neuen Bericht „Unlocking the Power of Demographic Dividends“ hervorgeht.  

Gleichberechtigung ist entscheidend für die Bewältigung demografischer Herausforderungen  

Neben einer besseren Gesundheitsversorgung und einer höheren Bildung führt vor allem mehr Gleichberechtigung und Selbstbestimmung normalerweise dazu, dass sich Familien für weniger Kinder entscheiden. Einerseits entlastet einer sinkenden Geburtenzahl Regierungen im Globalen Süden, die ohnehin schon mit begrenzten Ressourcen kämpfen. Andererseits sorgt es für eine langfristige Veränderung der Altersstruktur, sodass der Anteil erwerbsfähiger Menschen in Relation zu den jüngeren und älteren Bevölkerungsgruppen steigt. Unter den richtigen Voraussetzungen besteht so die Chance auf wirtschaftliches Wachstum. Der daraus entstehende Entwicklungsschub wird demografische Dividende genannt. Damit eine demografische Dividende wirklich erreicht werden kann, muss jedoch verstärkt in Bildungssysteme, die Gesundheitsvorsorge und Arbeitsperspektiven investiert werden. 

Bei diesen Investitionen ist ein Fokus auf die Chancen von Mädchen und Frauen unabdingbar. Mehr  finanzielle Unabhängigkeit und sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung sowie der Zugang zu modernen Mitteln der Familienplanung sind entscheidende Faktoren, um den erwünschten Entwicklungsschub zu ermöglichen. 

Nicht zuletzt sind besonders Mädchen und Frauen den Risiken der Klimakrise, mangelnder Ernährungssicherheit und Gewalt in politischen Konflikten ausgesetzt. Ihre Bedürfnisse müssen insofern bei Lösungsansätzen und Initiativen, die diesen Risiken gegensteuern, unbedingt mitgedacht werden. Dazu muss Mädchen und Frauen die Möglichkeit gegeben werden, ihre Perspektiven in die Politik miteinzubringen. Nur durch ihre Mitsprache können so auch demografische Herausforderungen bewältigt werden. 

Eine Initiative in Ghana nutzt sektorübergreifende Ansätze 

In #The4DSeries werden Best-Practice-Beispiele vorgestellt, deren innovative Lösungsansätze den Weg zu einer demografischen Dividende ebnen. In dem Ausbildungsprogramm „Women in the Driving Seat" aus Ghana, das Frauen seit 2018 eine Berufsausbildung in der mechanisierten Landwirtschaft ermöglicht, liegt ein Schwerpunkt auf Ernährungssicherheit und Geschlechtergerechtigkeit. Die Frauen lernen, Traktoren zu fahren und instand zu halten sowie einen landwirtschaftlichen Betrieb zu führen. Zwar ist die Landwirtschaft einer der wenigen Sektoren, in dem in Afrika mehr Frauen als Männer beschäftigt sind. Doch die mechanisierte Landwirtschaft ist traditionell nur Männern zugänglich. Frauen finden hauptsächlich in arbeitsintensiven Bereichen Beschäftigung, die weniger mechanisiert sind und intensive körperliche Arbeit erfordern.  

Indem Frauen eine Ausbildung in traditionell männlich dominierten Arbeitsbereichen machen können – hier in der mechanisierten Landwirtschaft – werden Geschlechternormen aufgebrochen. Frauen erhalten Zugang zu Beschäftigungen, die ihnen mehr finanzielle Sicherheit verschaffen und weniger körperliche Anstrengung bedeuten. Dadurch erhöht sich einerseits ihr Einkommen und sie können sich besser selbst versorgen, andererseits haben sie auch mehr Entscheidungsmacht über den Lebensunterhalt und das Familienleben. 

Die Initiative ist ein gutes Beispiel, wie Zugang zu beruflicher Ausbildung die Ernährungssicherheit und Zukunftsperspektiven von Frauen und ihren Familien verbessert und dabei gleichzeitig zu mehr Geschlechtergerechtigkeit beiträgt. Das kommt der gesamten Gesellschaft zugute: Wenn Frauen Zugang zu Berufen in der mechanisierten Landwirtschaft haben, erhöht sich die Produktivität eines Landes. Somit ist die Geschlechtergerechtigkeit eine Grundvoraussetzung für die nachhaltige landwirtschaftliche Transformation auf dem afrikanischen Kontinent. 

Gleichberechtigung als Schlüsselelement 

Ein Thema, das in jedem einzelnen Dialog der #The4DSeries auftauchte, ist die Geschlechtergerechtigkeit. Ganz gleich, wie viele Fortschritte in einzelnen Sektoren wie Bildung oder Gesundheit erzielt werden, eine demografische Dividende bleibt unerreichbar, solange Frauen nicht dieselben Chancen wie Männer haben. Die Rechte von Frauen und Mädchen in allen Lebensbereichen mitzudenken, ist der ausschlaggebende Faktor, um eine nachhaltige Bevölkerungsentwicklung zu ermöglichen. 

 

Über die Dialogreihe: 

In der Dialogreihe #The4DSeries zu demografischer Diversität und Dividenden hat sich das Berlin-Institut unterschiedlichen Themen gewidmet, die Bevölkerungsentwicklungen beeinflussen. Teilnehmende aus über 40 überwiegend afrikanischen und asiatischen Ländern haben seit 2020 an den Dialogen teilgenommen, um ein besseres Verständnis für die Stellschrauben auf dem Weg zu einer demografischen Dividende zu gewinnen. Als Schlüsselbereiche wurden in den Dialogen eine solide Datengrundlage, Ernährungssicherheit, Bildung, sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte, Urbanisierung, Klimaresilienz  und Geschlechtergerechtigkeit identifiziert.  

Die #The4DSeries ist eine vom Auswärtigen Amt (AA), Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), dem Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) und der Afrikanischen Union gemeinsam organisierte Veranstaltungsreihe. Das Berlin-Institut berät und begleitet die politische Dialogreihe zu Demografischer Diversität und Dividenden wissenschaftlich. 

Ansprechpartnerinnen

Colette Rose

Projektkoordinatorin Internationale Demografie

Telefon: 030 - 31 01 95 91

E-Mail schreiben: rose@berlin-institut.org

© Berlin-Institut

Catherina Hinz

Geschäftsführende Direktorin

Telefon: 030 - 22 32 48 45

E-Mail schreiben: hinz@berlin-institut.org

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