30 Jahre Mauerfall: Deutschland einig Vaterland?
Die Nachwendejahre waren demografisch von zwei Extremen geprägt: Erstens setzte mit dem Fall der Mauer eine Wanderungsbewegung von Ost- nach Westdeutschland ein. Seit 1990 haben die ostdeutschen Länder insgesamt 1,9 Millionen Menschen in Richtung Westen verloren. Doch die Wanderungsverluste sind seit der Jahrtausendwende kontinuierlich gesunken. Seit 2012 ziehen Jahr für Jahr ähnlich viele Menschen aus Ostdeutschland in Richtung Westen wie umgekehrt.
Zweitens sahen sich diejenigen, die nach der Wende blieben, mit unsicheren Zeiten oder neuen Lebensoptionen konfrontiert, weshalb viele junge Frauen eine Familiengründung erst einmal aufschoben. Dies führte dazu, dass Mitte der 1990er Jahre die durchschnittliche Kinderzahl ostdeutscher Frauen nur noch 0,8 betrug, ein historischer Tiefstand. Doch auch die niedrigen Geburtenzahlen waren kein langfristiger Trend. Die ostdeutschen Frauen holten die Familiengründung nach und 2006 hatten sich die Geburtenziffern in Ost und West wieder angeglichen.
In ihrem Wanderungs- und Geburtenverhalten sind Ost und West inzwischen also wiedervereinigt und weitgehend auf gleichem Kurs – doch die Jahre nach dem Mauerfall haben Spuren hinterlassen, die noch lange sichtbar bleiben werden.
Heute zieht es die Menschen in die urbanen Zentren. Auf der Suche nach Arbeitsplätzen, Bildungs- und Kulturangeboten drängen besonders junge Menschen in die Städte und ihr Umland. Die demografischen Verlierer sind die ländlichen Regionen – auf beiden Seiten der ehemaligen Grenze.
Neben West-Ost und Stadt-Land prägt ein drittes Gefälle das Land: Süd-Nord. Die wirtschaftsstärksten Kreise liegen vor allem in Süddeutschland. In Bayern und Baden-Württemberg verhelfen zahlreiche Unternehmen den Menschen zu guten Jobs mit hohen Einkommen. Im Norden dagegen schneiden Bundesländer wie Schleswig-Holstein eher schlecht ab. Es gibt kaum Großunternehmen und der Region fehlen hochqualifizierte Arbeitskräfte.
Das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung hat im Jubiläumsjahr des Mauerfalls zwei Studien vorgelegt, die die Regionen Deutschlands näher unter die Lupe nehmen. „Die demografische Lage der Nation“ zeigt anhand eines Index, wie gut gerüstet die 401 deutschen Kreise und kreisfreien Städte für ihre demografische und wirtschaftliche Zukunft sind. Der „Teilhabeatlas Deutschland“ wiederum verdeutlicht, dass die Chancen auf Teilnahme am gesellschaftlichen Leben regional sehr unterschiedlich sind. Die seit bald 30 Jahren vereinigte Bundesrepublik bleibt ein Land der Gegensätze, das belegen beide Untersuchungen deutlich. Die folgenden Grafiken zeigen, wo das Land heute geteilt ist.
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