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  • Discussion Paper

Alle sollen teilhaben

Wie Kreise und Städte mit Integrationskonzepten ungleichwertige Lebensverhältnisse abbauen wollen

Adrián Carrasco Heiermann, Thomas Nice
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© Berlin-Institut

Die Kommunen und Kreise in Deutschland stehen vor enormen Herausforderungen: Sie müssen die regional höchst unterschiedliche demografische und sozioökonomische Entwicklung sowie deren Konsequenzen bewältigen, die Daseinsvorsorge organisieren und ihre Einwohner:innen in die Stadt- oder Dorfgesellschaft integrieren. Letztlich geht es darum, dass alle Menschen, die vor Ort leben, am Gemeinwesen teilhaben können.

Im Werkzeugkoffer der Landkreise und kreisfreien Städte befindet sich dabei bereits ein politisches Instrument, mit dem die Gemeinden das Leben aller Bewohner:innen verbessern können: Ein teilhabeorientiertes Integrationskonzept, das allen Unterstützung bietet, die diese benötigen. Doch bislang richtet sich die lokale Integrationspolitik nur in einem Teil der Landkreise über Zugewanderte hinaus an alle Menschen. Dabei dürften beispielsweise viele junge Erwachsene, unabhängig von ihrer Herkunft, von Unterstützungsangeboten in Schule, Ausbildung und Universität profitieren. Eine Integrationspolitik, die auf Teilhabe für alle abzielt, hat das Potenzial, die Trennung zwischen Eingewanderten, ihren Nachkommen und den Alteingesessenen zu überwinden. Sie würde die wichtigste Frage in den Vordergrund rücken: Wer braucht was, um gleichberechtigt am Stadt- oder Dorfleben teilzunehmen?

Für dieses Papier haben wir untersucht, wo Landkreise das Motto Alle sollen teilhaben bereits in Integrationskonzepten festgehalten haben und was sie sich darin vornehmen. Was verstehen sie genau unter Integration? Entstehen teilhabeorientierte Integrationskonzepte eher dort, wo Kommunen mit zunehmender Abwanderung und hoher Arbeitslosigkeit zu kämpfen haben? Oder nutzen prosperierende wie strukturschwache Regionen gleichermaßen dieses Instrument? Und in welchen Handlungsfeldern, mit welchen Maßnahmen wollen sie ihr Ziel verfolgen, allen Bewohner:innen Teilhabe zu ermöglichen?

Die Publikation ist Teil eines größeren Forschungsprojektes, in dem das Berlin-Institut über anderthalb Jahre die Integrationsarbeit in zwölf Gemeinden aus sechs verschiedenen Landkreisen mit einem teilhabeorientierten Ansatz untersuchen wird. Das Projekt wird gefördert von der Stiftung Mercator.

Themen: Zuwanderung und Integration, Demografischer Wandel, Lebensverhältnisse in Stadt und Land
erschienen: 2021

Ausgewählte Grafiken

Die Clusteranalyse fasst kreisfreie Städte und Landkreise mit ähnlichen Teilhabechancen in Gruppen zusammen. Daraus lassen sich sechs Cluster voneinander abgrenzen. Zu den Clustern 1 bis 3 zählen insbesondere Städte und ihr Umland, zu den Clustern 4 bis 6 eher ländliche Kreise. Innerhalb dieser Gruppen sind die Teilhabechancen im städtischen Cluster 1 und im ländlichen Cluster 4 am besten. Diese sind am ehesten im Südwesten Deutschlands vertreten. Im städtischen Cluster 2 und ländlichen Cluster 5 bestehen vereinzelte Schwierigkeiten bei der gesellschaftlichen Teilhabe. Das städtische Cluster 3 sowie das ländliche Cluster 6 bieten ihren Bewohner:innen die bundesweit geringsten Chancen zur Teilhabe. Besonders häufig befinden sich diese Cluster in ostdeutschen Bundesländern. © Berlin-Institut
Auf die hohen Zuwanderungszahlen 2015 und 2016 folgten nicht nur hitzige Debatten. So entstanden die meisten Integrationskonzepte der Landkreise und kreisfreien Städte in ihrer aktuellen Form in den Folgejahren. Das ist vor allem in den Kreisen der Fall, die in der Clusteranalyse als ländlich eingestuft wurden. Neben dem gestiegenen Bedarf nach Orientierung und Leitlinien in Zeiten hoher Zuwanderung, können zahlreiche weitere Faktoren beeinflussen, ob ein Konzept entsteht: Lassen sich etwa Lokalpolitik und Verwaltung darauf ein und sind bereit, auch in den eigenen Reihen die interkulturelle Öffnung voranzutreiben? Unterstützt die Landespolitik Kreise und Kommunen bei der Entwicklung oder fordert sie sogar dazu auf? Und welchen Rückhalt hat die lokale Integrationspolitik bei den Einwohner:innen? © Berlin-Institut
Die Wortwolke bildet die Begriffe nach der Häufigkeit ihrer Verwendung ab, mit denen in den untersuchten Konzepten das Integrationsverständnis beschrieben wird. Neben Integration finden sich am häufigsten die Worte Menschen, Prozess, Teilhabe und Gesellschaft. Die Begriffe spiegeln somit das Grundverständnis von Integration wider: Die Landkreise und kreisfreien Städte begreifen Integration vor allem als kontinuierlichen Prozess, der nicht auf einen finalen Zustand hinführt. Die Bewohner:innen müssen immer wieder neu aushandeln, wie sie zusammenleben wollen. Die Integrationspolitik vor Ort soll gute Rahmenbedingungen dafür schaffen. Sie soll einerseits strukturelle Benachteiligungen abbauen, etwa bei den Bildungschancen von Kindern aus sozioökonomisch schlechtergestellten Familien, oder auf dem Wohnungsmarkt. Andererseits soll sie Debatten in der Zivilgesellschaft aufgreifen, und moderieren. © Berlin-Institut

Ansprechpartner

Adrián Carrasco Heiermann

Wissenschaftlicher Mitarbeiter

Telefon: 030 - 22 32 48 45

E-Mail schreiben: carrasco.heiermann@berlin-institut.org

© Berlin-Institut

Paul Riesenhuber

Wissenschaftlicher Mitarbeiter

Telefon: 030 - 31 01 68 35

E-Mail schreiben: riesenhuber@berlin-institut.org

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